Unser Energieexperte Gottfried Rotter beantwortet ab sofort monatlich in den Bezirksblättern Gänserndorf und auf meinbezirk.at deine Fragen rund um das Thema Energie im Haushalt. Bei der letzten Umfrage hast du entschieden: Im ersten Beitrag der Reihe dreht sich alles um die Infrarotheizung!
BEZIRK. Eine Infrarotheizung liefert pure Behaglichkeit bei höchster Energieeffizienz. Stromheizungen liegen auf Grund der verwendeten erneuerbaren Energie voll im Trend und sind um vieles günstiger als andere Heizsysteme. Dennoch halten sich gewisse Vorurteile hartnäckig. Wir schauen uns die typischen Mythen, die sich um das Heizen mittels Infrarotstrahlung ranken, genauer an. Unser Energieexperte Gottfried Rotter, Geschäftsführer der e-marke Austria und Gründer und Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmewende, klärt auf:
“Wie jedes Heizsystem hat auch die Infrarotheizung ihre Vorteile und Nachteile. Im Gegensatz zu den gängigen, etablierten Technologien wie Öl, Gas oder Holz gibt es rund um das Heizen mit Strom jedoch einiges an Halbwissen, das ich hier versuchen will ein wenig zu erhellen.”
Mythos 1: „Strom ist zu teuer, um ihn zu verheizen“
Der Preis für eine Kilowattstunde (kWh) Strom ist laut E-Control ungefähr doppelt so teuer wie eine aus Gas oder Öl. Strom ist also teurer als die gängigen Energiequellen. Aber: So einfach geht die Rechnung nicht auf. Für einen objektiven Vergleich muss neben den reinen Energiekosten auch die Eigenschaften des jeweiligen Energieträgers sowie die Effizienz des Heizsystems betrachtet werden.
Fossile Energieträger wie Öl und Gas sind eine endliche und schwindende Ressource, die nicht nur extremen Preisschwankungen und politischen Unsicherheiten unterliegt, sondern auch – und das ist schon länger nicht mehr von der Hand zu weisen – einen großen, negativen Einfluss auf die Umwelt hat. Strom hingegen ist im hohen Maß erneuerbar und daher CO2-frei produzierbar, sein Vorrat kann sich nicht erschöpfen.
Auch sollte die Gesamteffizienz des Systems in die Rechnung miteinfließen. Während es bei vielen herkömmlichen Heizsystemen zu einem hohen Systemverlust kommt, sprich die investierte Energie nur zu einem Bruchteil auch in Heizenergie umgewandelt wird, arbeiten moderne Infrarotheizungen sehr effizient und wandeln den verbrauchten Strom nahezu komplett (Achtung: 100 % sind niemals möglich!) in Heizenergie und damit Wärme um.
Mythos 2: „Infrarotheizungen bringen nur in Passivhäusern etwas“
Fakt ist, dass eine Infrarotheizung als Hauptheizung vor allem für Neubauten empfohlen wird, die eine Energieeffizienz eines Niedrigstenergie- oder Passivhauses aufweisen. Fakt ist aber auch, dass sich bereits in Häusern mit einem Heizwärmebedarf kleiner 30 kWh/(m²a) nicht mehr die Frage stellt, wieviel Wärme der Raum braucht, um behaglich zu werden, sondern ob er überhaupt noch beheizt werden muss. Bei Neubauten mit sehr effizienter Gebäudehülle stehen die Kosten für Heizraum, Rauchgasableitung und Verteilung bei wassergeführten Systemen in einem ungünstigen Verhältnis zur benötigten Wärmemenge, sodass der Einsatz einer elektrischen Infrarotheizung ökonomisch durchaus sinnvoll ist. Heute wird fast nur noch auf diesem Energiestandard gebaut, Infrarotheizungen eignen sich also nicht nur für Passivhäuser (<15 kWh/m²a), sondern auch für die Gebäudeklassen darunter, sprich Niedrigenergiehäuser (40 – 80 kWh/(m²a), Niedrigstenergiehäuser (< 34 kWh/(m2a) & Co.
Mythos Nr. 3: „Vor allem im Winter kommt der Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken“
Laut Global 2000 wurden im Jahr 2019 in Österreich 99.507 GWh Strom verbraucht, davon etwa ein Viertel, genauer 26 %, importiert. Im selben Jahr wurden laut E-Control 19 % des heimischen Stroms exportiert. Der größte Teil des in Österreich verbrauchten Stroms kam aus Wasserkraft, nur 15,5 % aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Gas. Das letzte Kohlekraftwerk in Österreich ging im Jahr 2020 vom Netz.
Schon jetzt wird Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Österreich in beachtlich großer Menge produziert und verkauft. Und die Klimaabkommen sollen eine weitere Abkehr von den Fossilen garantieren. Das aktuelle Regierungsprogramm hat das Ziel, Österreich bis 2030 über das Jahr gerechnet zu 100 Prozent mit Strom aus heimischen erneuerbaren Energieträgern zu versorgen. Dafür ist vorgesehen, die jährliche Stromerzeugung aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse von heute bis 2030 um 27 TWh auszubauen. Bis 2040 soll das ganze Land komplett CO2-neutral funktionieren. Auch das österreichische Baugewerbe ist hier schon recht weit, ein Großteil der Neubauten wird heute mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, eine hohe Energieeffizienz der Gebäude ist quasi Usus.
Mythos Nr. 4: „Eine Infrarot-Heizung mit einer Photovoltaik-Anlage zu betreiben, ist nicht möglich“
Eine Photovoltaikanlage erzeugt Strom aus der Energie der Sonne, die Infrarotheizung verbraucht eben diesen Strom an Ort und Stelle. Ein oft gehörtes Argument: Ein Betrieb der Infrarotheizung durch Photovoltaik funktioniert nicht, weil die PV-Anlage nur Strom erzeugt, wenn die Sonne scheint, und das ja die Zeit ist, in der man sowieso nicht heizt. Es stimmt, dass an den ganz trüben, wolkigen Niederdrucktagen PV-Anlagen keinen nennenswerten Ertrag haben. Doch es gibt auch viele Tage in unseren Wintern, die mit Hochdrucklage und Sonne eine Stromerzeugung gut ermöglichen. Man muss das ganze System – Heizung und Stromerzeugung durch die PV-Anlage – in der Jahresdurchrechnung betrachten. Dieses System mit dem Kostenfaktor einer Komplettanlage bestehend aus elektrischer Beheizung, plus PV-Anlage, plus Batteriespeicher kommt in der Gesamtrechnung der Investition nicht teurer als ein konventionelles Heizsystem.
Mythos Nr. 5: „Holz ist ein natürlicher Brennstoff und wächst immer nach“
Wir leben in einem Land voller Wald, Holz ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Nur logisch, dass wir diese Ressource auch für den eigenen Energiegewinn nutzen. Aber wussten Sie, dass Österreich mehr Holz importiert als ausführt? Laut klima:aktiv übersteigen die Importe von Brennholz und Hackgut den Export deutlich. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Brennholz in Österreich ein knappes Gut ist, zwar nachwachsend, aber erschöpflich. Für Strom gilt dies Dank der gut ausgebauten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht in dem Ausmaß.
Wussten Sie?
Der CO2-Austoß durch die Produktion von Pellets übersteigt den Wert dessen, was durch die Verheizung von Holz an CO2 eingespart wird.
Faktencheck
- Strom ist im Gegensatz zu fossilen Energieträgern keine erschöpfliche Ressource, sondern kann immer wieder produziert werden.
- Infrarot-Heizungen arbeiten sehr effizient und wandeln den verbrauchten Strom nahezu komplett in Heizenergie und damit Wärme um.
- Für Infrarot-Heizungen fallen keine Wartungskosten (Rauchfangkehrer, Wartungen Gastherme, Ölbrenner, etc.) an.
- Gebäude mit einem Energieverbrauch unter 30 kWh/(m²a) brauchen deutlich weniger Heizwärme. In diesen Gebäuden (Niedrigenergie-, Niedrigstenergie- und Passivhäuser) arbeitet eine Infrarotheizung sehr effektiv.
- Infrarot-Heizsysteme sind regelbar und flexibel. Wassergeführte Systeme sind gerade in den Übergangszeiten extrem inneffizient.
- PV-Anlagen erzeugen auch im Winter Strom, der Betrieb einer Stromheizung mit der Energie aus der hauseigenen PV-Anlage funktioniert nicht zuletzt auch Dank virtueller Speichermöglichkeiten das gesamte Jahr über.
- Kein Heizungssystem funktioniert ohne Strom (Steuerungen, Lüftungsmotoren, Pumpen, etc.)! Die Wärmepumpe ist übrigens auch eine reine Stromheizung.
- Heizen mit Strom ist ökologisch sinnvoll: Bis 2030 sollen 100 % des in Österreich produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien kommen.