Unser Energieexperte Gottfried Rotter beantwortet monatlich in den Bezirksblättern Gänserndorf und auf meinbezirk.at deine Fragen rund um das Thema Energie im Haushalt. Im aktuellen Beitrag liefert Rotter Infos zur ganz persönlichen Energiewende in zehn Schritten.
BEZIRK. Viele von uns fragen sich gerade, ob es sich lohnt, in eine Anlage für erneuerbare Energie zu investieren. Man kann damit seinen Teil zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit beitragen und man kann sich zu einem großen Teil unabhängig von den großen Anbietern und den Energiepreisschwankungen machen. Andererseits ist es natürlich auch ein großer Investitionsaufwand, den man hier für die Zukunft aufwendet. Daher ist die Entscheidung, hier aktiv etwas zu tun, gar nicht so einfach. Dieser Beitrag soll dabei helfen, Klarheit zu bekommen.
1. Klarheit – Will ich Energie selbst produzieren? Wozu?
Wie schon in der Einleitung beschrieben, gibt es gerade viele Triggerpunkte in den Medien oder im ganz persönlichen Umfeld, warum dieses Thema für jeden Einzelnen von uns interessant werden kann. Das kann von globalen Gründen (Klimaschutz und Umwelt) bis hin zu politischen Gründen (Steigerung der Unabhängigkeit von anderen Ländern) gehen. Was uns aber alle am Meisten antreibt, sind die ganz persönlichen Gründe. Explodierende Energiepreise, der Wunsch nach Unabhängigkeit von den Energiekonzernen oder auch den Nachkommen etwas Nachhaltiges zu hinterlassen.
2. Persönliche Möglichkeiten – Wasser, Wind oder Sonne?
Ist eine Grundbereitschaft in erneuerbare Energie zu investieren, einmal vorhanden, kommt es auf die persönlichen Lebensumstände an, in welche Form der erneuerbaren Energie man investieren will. Wenn man etwa neben einem Fluss wohnt, gibt es die Möglichkeit eine sogenannte Strömungsturbine einzusetzen, wie es bei Booten oft gemacht wird, um während der Fahrt Strom zu erzeugen. Auch Kleinwindräder kommen immer mehr ins Gespräch. Technisch sind diese schon weit fortgeschritten. Auch die Lärmbelastung ist bereits weit unter 30dB gefallen. Dennoch gibt es vor allem am Land noch das ein oder andere Akzeptanzproblem.
3. Energiebedarf – Was brauche ich jetzt? Was in Zukunft?
Eine Investition in ein eigenes Sonnenkraftwerk, bedeutet mindestens 25 bis 30 Jahre Vorausplanung, wenn ich das Grundziel eines energiebilanzierten Hauses (über die Jahresbetrachtung bilanziell autonomes Haus) vor Augen habe.
- Wie viel Strom verbrauche ich pro Jahr?
- Wird das in Zukunft steigen oder sinken?
- Wie heize ich heute und wie in den nächsten 25 Jahren?
- Will ich raus aus der fossilen Heizung?
- Soll ich Heizung und Warmwasser voneinander trennen? Was bringt das?
- Werde ich mir in Zukunft ein oder sogar 2 Elektroautos zulegen?
- Will/Muss ich zu Hause tanken?
All diese Fragen beeinflussen die Größe der angedachten PV Anlage.
4. Beratung – Wer darf was? Wie finde ich einen Experten?
Ab diesem Zeitpunkt ist fachliche Unterstützung durch einen Energiewendberater wahrscheinlich eine gute Idee, um mit diesen die Möglichkeiten zu besprechen. So ein Beratungsgespräch mit Protokoll benötigen Sie ohnehin, wenn Sie z.B. um eine Wärmepumpenförderung ansuchen.
Die Beratung dürfen grundsätzlich viele durchführen. So bieten auch manche Bundesländer unentgeltliche Energieberatungen an. Meist sind das keine Leute aus der Praxis, mit denen Sie auch über die Umsetzung Ihrer Ziele sprechen können. Ich würde gleich einen Energiewendeexperten empfehlen (z.B.: www.bvww.at) der sie umfassend beraten kann und Lösungen in Ihrem Umfeld bietet.
Für die Planung und Montage von Photovoltaikanlagen braucht es ein fundiertes Wissen und die entsprechende Gewerbeberechtigung. Lediglich die Befestigung der PV-Paneele an den Paneel-Halterungen ist rechtlich keinem reglementierten Gewerbe vorbehalten. Genaueres zum Nachlesen finden Sie unter pvaustria.at
5. Was kann ich bei mir konkret umsetzten?
Wenn nun klar ist, was man nun für die Zukunft an Energie benötigen würde, und man eine Art und Weise gefunden hat, diese zu produzieren, dann stellt sich noch die Frage, ob man überhaupt genug Platz dafür hat.
Dazu sollte man wissen, dass ein PV-Modul mit ca. 400Wp einen Größe von ca. 2m² hat. Also hat das 1kWp mit dem wir gerne rechnen, einen Flächenbedarf von c. 5m². Aber ACHTUNG!! Ich darf nicht die gesamte Dachfläche zur Berechnung verwenden (nicht ganz an den Rand baubar, Hindernisse, Dachflächenfenster, …) und es kann auch Schattenzonen (z.B. Rund um den Kamin) geben. Somit empfehlen wir, die mögliche Dachfläche durch 8 zu dividieren, um eine grobe Schätzung der kWp zu erhalten, welche man auf das Dach montieren kann.
Natürlich erspart dass dann nicht die genaue Auslegung auf dem Dach. Als Anhaltswert ist diese Zahl aber durchaus verwendbar. Auf 100m² freie Dachfläche würden also ca. 12,5 kWp montiert werden können. Das entspricht einer Jahresleistung von ca. 12.5oo kWh selbst erzeugter Energie.
6. Hindernisse – Kann mir wer etwas in den Weg legen?
Durch das EAG (Erneuerbaren Ausbau Gesetz) sind viele bürokratische Hindernisse gefallen. So gibt es viele Erleichterungen für die klassischen Hausanlagen bis 20kWp. Z.B. entfallen Bauverhandlungen für diese Kleinanlagen komplett.
Ich kann mich nur wiederholen: Für die Planung und Montage von Photovoltaikanlagen braucht es ein fundiertes Wissen und die entsprechende Gewerbeberechtigung.
7. Optimieren – Wie kann ich das Maximum herausholen?
Wenn man rein auf die Produktion einer PV-Anlage setzt, kann man zwischen 40 und 45 % der erzeugten Energie auch wirklich selbst verbrauchen. Dies gilt auch für Pensionisten-Ehepaare . Gewohnheiten kann man nicht so schnell ändern und für niemand scheint die Sonne auch nachts. Wir wissen ja bereits: Die am besten geförderte kWh ist die selbst verbrauchte kWh!
Mit sinkenden Einspeisetarifen und steigenden Netzkosten, wird es immer sinnvoller, diesen Tag/Nacht Ausgleich mit einem Elektrospeicher zu ermöglichen. Damit kann man auch gleichzeitig für ein etwaiges Black Out vorsorgen. Durch die extrem gesunkenen Preise für Elektrospeicher, sind diese mittlerweile auch leistbar.
8. Kostencheck
Im Idealfall haben Sie eine Reserve auf der Bank angelegt, welche ohnehin nicht die Zinsen bekommt, welche Sie sich vorstellen. Dieses Kapital ist viel besser in eine eigens Sonnenkraftwerk investiert, welche sich in 8 bis 10 Jahren selbst wieder zurückverdient hat (KEINE andere Technologie kann das von sich behaupten!!) und dann nur noch fette Zinsen in Form von nicht mehr eingekaufter Energie abwirft.
Außerdem werden Kleinanlagen bis 35kWp vom Bund mit 20% gefördert (UST-Befreiung) und es gibt in vielen Ländern darüber hinaus noch zusätzlich abgreifbare Unterstützungen (z.B. für Wohnraumsanierung)
Erneuerbare Technologie ist mittlerweile auch in der Bankenwelt angekommen. So bieten manche Banken schon die Investitionskosten als Finanzierung mit Leasingraten an. Fast so wie beim Autokauf.
9. Energiebilanz – Was tun bei zu wenig/zu viel Produktion?
Abschließend bleibt nur noch die Frage – Bin ich nun komplett meiner PV-Anlage ausgeliefert?
Was, wenn im November und Dezember zu wenig Strom produziert wird? Was, wenn ich im Sommer viel zu viel produziere?
Ihr Anlage wurde durch den Fachbetrieb beim Netzbetreiber gemeldet und freigegeben. Somit können Sie Überschüsse ins Stromnetz einspeisen und natürlich (wie vor Ihrer eigenen Anlage) benötigten Strom aus dem Netz beziehen. Diese beiden Grundverträge benötigt jeder Haushalt. Dabei sind Sie in der Wahl des Lieferanten und des Abnehmers natürlich frei und können diese auch wechseln. www.durchblicker.at gibt hier gute Auskunft über die Angebote.
Sollten Ihnen die Einspeisetarife nicht zusagen, kann dann zusätzlich eine Energiegemeinschaft auf die Grundverträge draufgesetzt werden. Dies ist aber ein weiterführendes Thema.
10. Durchführung – Wer macht das? Wie lange dauert es?
Die Meldungen an die Energieversorger und die Überprüfung der Anlagen zur Abnahme darf ausschließlich der konzessionierte Fachbetrieb (Elektriker) durchführen. Natürlich macht es auch Sinn, sich die Energieberatung von einem Praktiker und Fachbetrieb zu holen.
Wenn Sie keinen Elektriker Ihres Vertrauens kennen oder mal eine 2te Meinung einholen wollen, können sie in verschiedenen Qualitätsvereinigungen wie z.B. dem Bundesverband Wärmewende Austria eine Anfrage mit der Postleitzahl Ihres geplante Projektes absenden, und es wird sich ein geprüfter Energiewendeexperte bei Ihnen melden.